BERLINER ZEITUNG, 22. Februar 2018 TAGESTIPP
BÜHNE – von Cornelia Geißler
Jeder Woche blättern wir an dieser Stelle durch das Bühnengeschehen, picken etwas heraus und lassen anders unbeachtet. Irene und Roland Hofer könnte man leicht übersehen, sollte man aber nicht.
Das große Leben der Kleinen
Im Durchschnitt etwas 1,25 Meter groß ist ein Kind von sieben Jahren. Also wird das Publikum höher gewachsen sein als die Aktuere eines ganz anderen Abends, „Normal Life“ heißt er, mit absichtlich groß geschriebenem O, so dass man die Verneinung gleich sehen kann. Roland Hofer ist kleinwüchsig, 1,17 Meter misst er vom Scheitel bis zur Sohle. Diese Relation muss man sich erstmal vorstellen.
Er spielt zusammen mit seiner Frau Irene in dem Stück, das sie eine „visuelle Theaterperformance“ nennen. Sie treten wortlos in Requisiten auf, agieren pantomimisch miteinander und reagieren auf eine Figur, die von einer Leinwand als Riesin in ihre kleine Welt eindringt. Lea Malenka Prinz ist das, sie springt umher wie ein unwirklich grobes Wesen. Roland Hofer spricht am Telefon von dem Abend, den er und seine Frau bereits in Hamburg erfolgreich gespielt haben, jetzt gastieren sie im Theaterforum Kreuzberg. „Das ist so schön für uns, dass wir endlich einmal unsere eigene Geschichte erzählen können. Ihre Stimmen werden eingespielt, während sie sich auf der Bühne bewegen, sich einrichten, eine Stadt bauen, um darin zu leben, während sie tanzen.
Ob sie sich damit nicht zur Schau gestellt fühlen, wollte ein Zuschauer von Roland Hofer wissen, erzählt er. Nein, im Gegenteil. Er habe es jahrelang erlebt, als Kuriosum behandelt zu werden, als Spielgerät, als Objekt, über das die Leute lachen, schon bevor irgendetwas passiert. So seinen Kleinwüchsige immer behandelt worden. In den 70er-Jahren habe man ihm in Italien beide Beine gebrochen beim Zirkus, sagt Hofer, „nur so, aus Gaudi“ In den Achtzigern war er dann als Musikclown unterwegs, erst in Manegen, dann auf großen Schiffen, später hat er im Europapark Rust Shows moderiert. „Dabei habe ich immer viel gelernt“, sagt er, acht Sprachen spreche er heute fließend. Irene Hofer übrigens ist ein Stückchen größer, elf Zentimeter immerhin. Roland und Irene Hofer möchten als Artisten wahrgenommen werden, als Künstler. Weil sie aber durch ihre Kleinwüchsigkeit immer schon besonders sind, ist der Gart oft schmal.
Als sie mit der Band „The Tiger Lillies“ aus London auftraten, reagierte das Publikum begeistert, weil sie nicht nur ihre Äußerliche Besonderheit zeigten, sondern als Frau mit den drei Herzen auftraten, als Frau mit den längsten Haaren der Welt und als Träumer, der nie aufwachen wollte. In ihre Biografie begeben sie sich erst mit „Normal Life“. „ Ich musste zwölf Jahre alt werden, um zu begreifen, dass ich nicht mehr wachse. Meine Mutter hatte es nicht übers Herz gebracht, mir die Wahrheit zu sagen. „Seine heutige Größe hatte er schon als Sechsjähriger erreicht. Die Eltern waren ratlos, andere Kinder gemein. Heute ist er 57 Jahre als und stolz, als Schauspieler arbeiten zu können. Sebastiano Toma hat das Stück entwickelt.